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Besuch im Deutschen Schloss- und Beschlägemuseum

Ein Besuch im Deutschen Schloss- und Beschlägemuseum in Velbert ist sehr zu empfehlen. Es wurde im Oktober 2021 nach Neubau und Anschluss an die sanierte Villa Herminghaus neu eröffnet. Auf einer großen Dauerausstellungfläche werden rund 1.000 Exponate präsentiert, die die Geschichte von rund 4.000 Jahren Schlösser und Beschläge widerspiegeln. Das Museum sieht sich als „Spiegel der kulturellen Identität der Stadt Velbert und als außerschulischer Lernort“. Dieser Blogartikel berichtet über die spannende Zeitreise durch das einzig wissenschaftlich geführte Museum für Schließ- und Sicherheitstechnik.

Herzlich Willkommen!

Museumsleiterin Dr. Yvonne Gönster

Die Museumsleiterin Dr. Yvonne Gönster und die Volontärin der Pressestelle Velbert Pia Meißner (v.r.) sorgten für einen freundlichem Empfang vor dem imposanten Eingangsportal des Museums. Hier wird bereits die Architektur, welche sich durch das gesamte Objekt zieht und die alt und neu eindrucksvoll verbindet, zum Ausdruck gebracht: eine im Bestand des Museums befindliche historische Tür wurde vergrößert, foliert und mit einer modernen automatischen Schiebetüranlage kombiniert.

Im neuen Schloss- und Beschlägemuseum ist übrigens auch die Kultur- und Tourismusinformation der Stadt Velbert untergebracht. Hier sieht man den gelungenen Übergang zur alten Villa Herminghaus. Auf diese kommen wir am Ende nochmal zurück.

Bereits in der Empfangshalle zeigt sich durchgängig vom Boden bis zur Decke das Thema Schloss und Schlüssel. Die Lampen wurden aus Körben, welche in einer Velberter Fabrik verwendet wurden, hergestellt.

Im Foyer befindet sich auch eine Vitrine mit der Auswahl von wechselnden “Lieblingsstücken“. Zum Besuchszeitpunkt wurden dort Schlüssel aus Glas ausgestellt.

Sesam öffne dich …

Bei den Führungen, welche auch speziell für Kinder veranstaltet werden, kommt das große Schlüsselbund zum Einsatz, dessen Schlüssel im Laufe des Besuches an verschiedenen Exponaten selbst erprobt werden können. Los geht es mit einem modernen Transponder und wie bei “Sesam öffne dich“ gewährt das große Portal den Zutritt in das Museum.

Museumsleiterin Dr. Yvonne Gönster führte dann persönlich und sehr eindrucksvoll durch das neue Museum. Dies wurde von ihr und dem Architektenteam äußerst stilvoll in der Auswahl von Farben, Materialien, Beleuchtung, Dekorationen und mit vielen interaktiven sowie digitalen Elementen gestaltet. So zeigen z.B. Filme verschiedene Szenen der Schlossgeschichte. Mit den Schauspielern kann man dabei humorvoll interaktiv kommunizieren.

Sicher ist, dass nichts sicher ist. Selbst das nicht …

Joachim Ringelnatz

Das gewählte Zitat von Joachim Ringelnatz macht zur Begrüßung deutlich, worum es im Wesentlichen geht. Sicherheit zählte schon immer zu den Grundbedürfnissen der Menschheit. Die Sicherheitstechnik und der Einbruchschutz bieten daher interessante und emotionale Themen sowie eindrucksvolle Geschichten und Mythen.

Die ersten Schlösser und Schlüssel gab es bereits vor über 4.000 Jahren. Seit dem befindet sich die Sicherheitstechnik wie in einer sich stetig entwickelnden Spirale von technischen Entwicklungen und deren Überwindung. Alles sicher oder doch nicht? Oder etwa doch? Der Spruch von Joachim Ringelnatz wurde daher übrigens auch für die Vorstellung von einbruchsicher.blog ausgewählt …

Sicherheitstechnik begann eigentlich schon in der Steinzeit …

Wenn es auch noch keine Schlösser waren, so wurden die ersten Siedlungen schon durch Leitern gesichert. Diese wurden dann nach Bedarf hoch und runtergelassen wurde, um sich vor ungebetenen Gästen und Eindringlingen zu schützen.

Erste ägyptische Einbruchsicherungen

Auch wenn man noch keine Schlüssel kannte, so versuchte man Türen mittels Seilen und vor allem mit Siegeln, die zwar keinen mechanischen, aber zumindest einen symbolischen Schutz boten, zu sichern. Solange es noch keine Metallverarbeitung gab, wurden die Verschlüsse aus Holz und oft mit zahlreichen Verzierungen gestaltet. Diese sollten auch dafür sorgen, “böse Geister“ zu vertreiben.

Bei dieser Tür handelt es sich noch nicht um ein Schloss, sondern um einen Verschluss: Der sogenannte Stoßriegelverschluss. Der Stoßriegel, mit dem man öffnet, ähnelt einer Flöte.

Heutige Schließtechnik funktioniert immer noch wie das antike Fallenriegelschloss

Hier werden Hirsespeichertüren der Dogon in Afrika ausgestellt.. Bei dem Schloss handelt es sich um das sogenannte Fallriegelschloss, das älteste Schloss überhaupt und der Ur-Ahn des heutigen Schließzylinders.

Bemerkenswert ist, dass trotz Einzug der Elektronik die heutigen Profilzylinder, welche auf dem Rundzylinder, einem Patent des Amerikaners Linus Yale aus dem Jahre 1865 basieren, ein ganz ähnliches Funktionsprinzip wie das Jahrtausende alte Fallenriegelschloss aufweisen.

Die Metallverarbeitung legte die Basis für die heutige mechanische Sicherheitstechnik

Schmieden und Schlossereien brachten dann neue Möglichkeiten bei der Metallverarbeitung und es entstanden immer komplexere und filigranere Schlüssel und Schlösser.

Zum Thema Religionen und Kirche widmet das Museum einen extra Bereich für die Schlüssel, Schlösser und Wertbehältnisse.

Zu der Museumssammlung gehören auch zahlreiche Kästchen und Schmuckschatullen aus verschiedensten Materialien wie Eisen, Elfenbein, Schildpatt und Glas. Die Kästchen wurden zudem reich verziert und können von den Museumsbesucherinnen und -besuchern nach dem Öffnen eines Kombinations-Vorhängeschlosses bestaunt werden.

In der Frühen Neuzeit gab es noch keine Tresore, sondern zunächst eiserne Kassen, in denen Münzen und wichtige Dokumente aufbewahrt wurden. Die geöffnete Kasse gibt den Blick frei auf die Mehrpunktverriegelung, die sich unter dem Kassendeckel befindet. Durch die Mehrpunktverriegelung war der Deckel auf allen vier Seiten gesichert. Solche Kassen wurden später von den Tresoren abgelöst.

Eine große und schwere Eisentür aus gotischer Zeit kann von den Besucherinnen und Besuchern geöffnet werden. Sie stammt aus dem Schloss Ambras in Tirol, Österreich. Will man diese Tür öffnen, muss man erst an dem Trickverschluss vorbei, denn das Schlüsselloch ist verdeckt. Hier gilt: Ausprobieren erlaubt!

Die Schlosserzunft

Die Schlosserzunft (hier ein seltenes Gemälde eines Schlossermeisters) sorgte für immer perfektere handwerkliche Schloss- und Schlüsselgestaltung …

Die “Mona Lisa“ des Deutschen Schloss- und Beschlägemuseums

So entstand auch dieser französische Kammbartschlüssel, welcher die “Mona Lisa“ des Museums darstellt. Er wurde um 1630 als Meisterstück gefertigt. Schlüssel, Schlösser und Beschläge wurden immer perfekter und filigraner.

Zu sehen ist die sogenannte Wönnemannsche Schmiede, die in den 1920er Jahren von dem letzten Velberter Schmied im Haushandwerk, Herrn Wönnemann, an das Museum übergeben wurde. Die Schmiede bildet das Herzstück der Museumssammlung. Seit mehr als 400 Jahren werden in Velbert Schlösser gefertigt, zunächst im Haushandwerk, später dann in Manufakturen und Fabriken.

Die Industrialisierung

Die Industrialisierung brachte dann gerade für die Region Velbert und Heiligenhaus einen Wendepunkt. Aus den einstigen Manufakturen entstanden moderne Industriebetriebe. In der sogenannten “Schlüsselregion“ rund um Velbert sind heute rund 25 % der Unternehmen der Branche der Sicherheitstechnik ansässig. Auf einem digitalen Tableau kann man sich im Museum über Firmen und Verbände der Branche informieren.

Die Gründungsära der Schlüsseldienste

Ein Thema des Museums ist auch der Vertrieb von Sicherheitstechnik. Vor Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Schlüssel fast ausschließlich vom Schlossermeister angefertigt. Danach nahm der Eisenhandel Schlüssel in sein Sortiment auf. Die Gründungsära der Schlüsseldienste liegt wohl zwischen den beiden Weltkriegen. Nach dem 2. Weltkrieg sind in jeder Stadt Spezialgeschäfte für Schlüssel entstanden. Die Inhaber dieser neuen Fachbetriebe kamen aus verschiedenen Berufen wie z.B. Eisenhändler, Schlosser- und Mechanikermeister. Der Beruf des Schloss- und Schlüsselmachers wurde 1949 anerkannt und Ende der 1980er Jahre in den Industriemechaniker integriert.

Die Zukunft – quo vadis?

In der Zeitreise in der Gegenwart angekommen, könnte man hier mit dem Blick in die Zukunft sehr viele Exponate ausstellen. Das neue Schloss- und Beschlägemuseum hat dies sehr gut gelöst, in dem man symbolisch die verschiedenen Medien und Zutrittstechniken abbildet. Also vom Schlüssel über biometrische Anwendungen bis hin zu Transpondern und Smartphones.

Wo geht die weitere Reise der Sicherheitstechnik hin? Ungefähr Anfang der 1980er Jahre entstanden die ersten elektronischen Schlösser. Heute gibt es eine Vielzahl digitaler Anwendungen. Bereits seit vielen Jahren sind in der Sicherheitstechnik die Mechanik, Mechatronik, Elektronik und der IT-Bereich immer mehr zusammengewachsen und finden heute ihre Anwendungen nicht nur in Unternehmen, sondern auch in privaten Haushalten z.B. im Bereich Smart Home.

Sicherlich wird es den „guten alten Schlüssel“ wohl noch lange geben, nicht zuletzt, weil der Mensch das Gefühl des mechanischen „Abschließens“ seit Jahrtausenden verinnerlicht hat.

Über 17.000 Artefakte

Im neuen Museum sind über 1.000 Artefakte ausgestellt, doch im Museumsarchiv lagern über 16.000 weitere. Auf einem großen digitalen Tableau kann man sich auch aus diesem Fundus über ausgewählte Relikte der Schlossgeschichte informieren, welche nach und nach digitalisiert werden.

Sonderausstellungen und Escape-Room in der Villa Herminghaus

Über die Villa Herminghaus heißt es auf der Webseite des Schloss- und Beschlägemuseums:

Die Villa Herminghaus (auch Herminghaus-Villa genannt) wurde im Jahre 1885 von dem Gießereibesitzer Carl Tiefenthal senior erbaut. Die Villa im Stil der Neorenaissance wurde kurz darauf, im Jahre 1913, von Emil Herminghaus gekauft, einem Unternehmer, dessen Schlossfabrik und Eisengießerei direkt an den Garten des Grundstückes angrenzte. Nach Wegzug des Unternehmers Herminghaus stand das Haus samt der Fabrikruine bis Anfang der 1970er Jahre leer und ging dann in den Besitz der Stadt Velbert über. Seit den 1980er Jahren war ein Teil der Stadtverwaltung mit verschiedenen Abteilungen in der Villa Herminghaus beheimatet, etwa das Kulturamt und die Bücherei. 

2001 stellte das Rheinische Amt für Denkmalpflege die gesamte Villa unter Denkmalschutz. Im Innenbereich sind viele Teile der originalen Innenausstattung erhalten, etwa der Fußboden im Erdgeschoss, die Stuckdecken und die zweiflügelige Eingangstür.

Seit 2020 ist das DSBM in der Villa Herminghaus beheimatet. Das gesamte Erdgeschoss ist für die Besucher*innen zugänglich, denn hier sind die Räumlichkeiten für Sonderausstellungen, ein Escape-Room und ein Museumspädagogikraum zu finden.

Fazit

Hier endet unser kleiner Ausflug durch die Geschichte der Schlösser und Beschläge. Eigentlich geht es ja immer “nur“ um „auf und zu“, aber die Historie ist schon wirklich sehr spannend und im Velberter Museum auf sehr eindrucksvolle Weise dargestellt, welche in diesem Blogartikel natürlich nur ansatzweise wiedergegeben werden kann.

Ein Besuch im Deutschen Schloss- und Beschlägemuseum in Velbert ist daher auf jeden Fall empfehlenswert. Egal ob Profi oder Laie, jung oder alt, hier kommt wirklich jeder auf seine Kosten. Das Museum ist wirklich sehr stilvoll und gelungen und vereinigt alt und neu hervorragend. Dies erkennt man schon an den beiden Fassaden des Neubaus und der Villa und durchgängig im Museum von der Steinzeit über die Gegenwart bis zu einem Blick in die Zukunft.

Alles ist sehr gut und einfach erklärt und wird oft auch mittels moderner digitaler Techniken dargestellt. Wer es ausführlicher mag, dem sei eine Führung empfohlen, die es sowohl für Erwachsene als auch für Kinder gibt. Durch die ständig wechselnden Exponate und Sonderausstellungen gibt es hier immer wieder etwas Neues bzw. „Altes“ zu entdecken, so dass sich auch die Wiederkehr lohnt.

Weitere Infos gibt es auf der Webseite des Museums www.schlossundbeschlaegemuseum.de sowie auf einbruchsicher.blog im Bereich “History Friends

Einbruchsicher.blog bedankt sich herzlich bei der Museumsleiterin Dr. Yvonne Gönster für die tolle individuelle Präsentation!

Ralf Margout

Da ich von Kind auf in der Branche aufgewachsen bin, prägen Schlüssel, Schlösser und Sicherheitstechnik seit dem mein Leben. Nach meinem BWL-Studium war ich 15 Jahre erfolgreich mit einem Fachgeschäft für Sicherheitstechnik selbstständig. Dann entschied ich mich für einen Wechsel und war 7 Jahre Geschäftsführer bei interkey, dem Fachverband Europäischer Sicherheits- und Schlüsselfachgeschäfte. Inzwischen bin ich über 35 Jahre in der Sicherheitsbranche unterwegs und habe dabei in vielen Fachgremien mitgearbeitet. Aktuell bin ich beratend im redaktionellem Bereich der Sicherheitstechnik tätig.

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