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Zutrittskontrollsysteme werden immer beliebter!

Zutrittskontrollsysteme kommen heutzutage schon bei vielen gewerblichen Projekten zum Einsatz. Aber auch im privaten Bereich werden sogenannte „mechatronische und digitale Schließsysteme“ immer beliebter. Darüber sprechen wir in unserem Interview mit Axel Schmidt, Fachausschuss-Vorsitzender Zutritt beim BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e.V.

Axel Schmidt, Fachausschuss-Vorsitzender Zutritt beim BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e.V.

Einbruchsicher.blog: Herr Schmidt, können Sie zunächst bitte den Unterschied zwischen mechanischen und mechatronischen bzw. digitalen Schließsystemen nennen?

Axel Schmidt: Mechanische Schließsysteme sind die bekannten mechanischen Schließzylinder mit Schlüssel. Hierbei geht es von Standardschließungen bis zu Hochsicherheitszylindern. Aber: Wer den Schlüssel besitzt, hat jederzeit uneingeschränkten Zutritt. Zeitliche Einschränkungen gibt es nicht. Ein Schlüsselverlust oder „schwarze“ Schlüssel führen unweigerlich zu einem Sicherheitsleck. Die Erstellung des Schließplans, d.h. die Vergabe von Berechtigungen an verschiedene Personen zu unterschiedlichen Räumlichkeiten ist möglich, jedoch sehr eingeschränkt. Umzüge und Änderungen der Schließberechtigungen sind nur mit sehr hohem Aufwand möglich.

Mechatronische Schließsysteme verbinden den mechanischen Schlüssel mit einem RFID-Chip und einer zusätzlichen elektronischen Sperre im Zylinder, die nur mit einem auch elektronisch berechtigten Schlüssel schließbar ist. Damit wird eine mechanische Schließanlage um den Faktor Zeit erweitert und die Zutrittsberechtigungen werden etwas flexibler. Jedoch werden bei einem Umzug zum größten Teil immer noch neue Komponenten an verschiedenen Türen notwendig oder der mechatronische Zylinder muss umgebaut werden.

Die digitalen Schließsysteme sind dann das i-Tüpfelchen der Schließanlagen. Dabei erfolgt eine rein elektronische Berechtigungsabfrage im System. Damit haben Anwender bei der Vergabe von Zutrittsrechten höchste Flexibilität, insbesondere auch über die Einrichtung von verschiedensten Nutzer- und Zeitprofilen. Zugleich haben sie immer den aktuellen Überblick, wer zu welchen Türen Zutritt hat und wer nicht. Obendrein fallen keine zusätzlichen Hardwarekosten an, wenn sich Zutrittsrechte ändern oder bei Umzug. Man hat jederzeit die volle Kontrolle über Sicherheit und Kosten.

Einbruchsicher.blog: Welche unterschiedlichen Technologien gibt es bei der Zutrittskontrolle?

Axel Schmidt: Die Zutrittssteuerung(englisch „access control“ heißt eigentlich Zutrittssteuerung, fälschlicherweise in der Vergangenheit mit Zutrittskontrolle übersetzt) umfasst eine Menge verschiedener Systeme und Technologien.

In den letzten Jahren haben sich die passiven Technologien (z.B.: 13,56 MHz Transponder wie Mifare oder Legic) weitestgehend durchgesetzt und viele proprietäre Technologien abgelöst. Aktive Systeme, Funkfernbedienungen und preiswerte 125 kHz Transponder treten in den Hintergrund und entsprechen entweder nicht mehr dem Stand der Technik, sind zu teuer oder können die aktuellen Sicherheitsanforderungen nicht erfüllen.

An den Türen werden meist elektronische Zylinder oder Beschläge verbaut, teilweise Wandleser mit Steuerungen, um z.B. Motorschlösser oder automatische Türsysteme (wie Dreh- oder Schiebetüren) oder Schaltschlösser anzusteuern.

Einbruchsicher.blog: Was gibt es für Identmedien und wie unterscheiden sie sich?

Axel Schmidt: Von Tür- und PIN-Code über RFID-Transponder bis zur Biometrie und mobilen Technologien gibt es ein riesiges Spektrum von Identifikationsmöglichkeiten, wobei die RFID-Medien/Transponder die größte Verbreitung haben und die größte Akzeptanz der Nutzer. Mit der Generation der „digitale natives“ beginnt allerdings ein Umdenken und das Mobiltelefon als Medium bekommt deutlich mehr Gewicht. Meine Kinder benutzen kaum noch mechanische Schlüssel oder Transponder, aber das Smartphone ist immer am Mann bzw. an der Frau.

Einbruchsicher.blog: Welche Vorteile bieten Zutrittskontrollsysteme im privaten Bereich?

Axel Schmidt: Zutrittssysteme bieten im Privatbereich unzählige Möglichkeiten und Vorzüge, die bei der Mechanik komplett undenkbar wären. Verlorene Schlüssel sofort sperren, zeitlich eingeschränkte Zutrittsmöglichkeiten, z.B. für Haushaltshilfen oder Pflegedienste einrichten, Einmalzutritte für Dienstleister (Installateure, Paketdienst etc.) genehmigen, Zutritt von der Ferne genehmigen, sperren, überwachen und vieles mehr. Dazu die Sicherheit und absolute Kostenkontrolle.

Einbruchsicher.blog: Welche Normungen gibt es im Bereich der Zutrittskontrolle?

Axel Schmidt: Im Bereich Zutritt gibt es eine Reihe von Normen und auch VdS-Regularien, die herangezogen werden können. Hier sind zu nennen die DIN EN 60839 „Elektronische Zutrittskontrollanlagen“, DIN EN 15864 „Mechatronische Schließzylinder“ und DIN 16867 „Mechatronische Türbeschläge“, dazu die VdS 2358, 2359 und 2367 „Richtlinien für ZKA Teil 1-3, Anforderung, Prüfmethoden und Planung.

Einbruchsicher.blog: Wie sicher sind solche Systeme?

Axel Schmidt: Vorausgesetzt es handelt sich um einen renommierten Zutrittskontrollhersteller entsprechen die Systeme dem aktuell neuesten Stand der Technik und sind dementsprechend sicher. Wichtig ist vor allem eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der Datenübertragung vom Verwaltungssystem über das ID-Medium bis hin zur Türhardware. Das betrifft sowohl die kabellose als auch die kabelgebundene Kommunikation und schließt auch die Auswerteeinrichtung/ZK-Zentrale ein. Das hört sich vielleicht kompliziert an, aber Leser und Zentrale können sich auch in einem einzigen Produkt befinden, z.B. dem elektronischen Zylinder oder Beschlag.

Einbruchsicher.blog: Wie lässt sich die Zutrittskontrolle mit anderen Sicherheitseinrichtungen kombinieren?

Axel Schmidt: Viele Zutrittssysteme verfügen über Ausgangs- und Eingangskontakte oder sonstige Schnittstellen, auch Funk, die eine Verbindung zu anderen Systemen erlauben. Egal ob Videosysteme, Einbruchmeldeanlagen oder Smart-Home-Steuerungen, vieles kann eingebunden oder angebunden werden. Speziell im Privatbereich gibt es sogar cloudbasierte Zutrittssysteme, die diese Schnittstellen bereits auf Cloudebene anderen Systemen bereitstellen können. Türkommunikation, Zutritt, Video und vieles mehr kann somit ziemlich einfach miteinander verknüpft werden.

Einbruchsicher.blog: Wie lange halten die Batterien und wie kann man öffnen, wenn diese leer sind?

Axel Schmidt: Die batteriebetriebenen Teile solcher Anlagen haben oft sehr verschiedene Standzeiten, von wenigen Monaten bei einfachen Smart-Home-Türzylindern bis hin zu mehreren Jahren und über 100.000 Schließungen bei Markenprodukten. Oftmals wird von den Herstellern ein externes Batteriepack zur Notbestromung angeboten, welches dann die notwendige Energie zur Verfügung stellt, sollte man einmal vergessen, die Batterien rechtzeitig zu wechseln.

Einbruchsicher.blog: Werden Zutrittskontrollsysteme in Bezug auf den Einbruchschutz staatlich gefördert?

Axel Schmidt: Ja, in Verbindung mit einer Einbruchmeldeanlage kann man auch für die ZK die KfW-Förderung erhalten.

Einbruchsicher.blog: Es gibt mittlerweile viele Anbieter und Produkte. Worauf sollte man beim Kauf und bei der Installation von Zutrittskontrollsystemen achten?

Axel Schmidt: Auch hier – wie in vielen Bereichen des Lebens – gilt „wer billig kauft, kauft zweimal“.

Achten Sie auf Markenhersteller und lassen Sie sich vom Fachmann beraten. Im Falle eines Einbruchdiebstahls liegt die Beweispflicht, ein geeignetes System verbaut zu haben, beim Versicherungsnehmer. Die Hausratversicherung hat dort mit Sicherheit spezielle Vorgaben in Ihren Policen.

Einbruchsicher.blog: Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung im Bereich Zutritt ein?

Axel Schmidt: Es ist schon seit Jahren im privaten Wohnungsbau und in der Wohnungswirtschaft ein Trend zur Zutrittskontrolle erkennbar. Der Wunsch nach mehr Sicherheit und Komfort, sowie die Flexibilität der Nutzung, der Programmierung und Bedienung werden hierbei nur durch eine elektronische Zutrittsteuerung ermöglicht. Mobile Technologien werden parallel eine maßgebliche Rolle spielen.

Vielen Dank für das Interview!

Fazit: Moderne Zutrittskontrollsysteme bieten auch für private Anwendungen viele Vorteile, eine hohe Flexibilität und guten Komfort. Sie lassen sich mit anderen Sicherheitsteinrichtungen wie Einbruchmeldeanlage, Videoüberwachung oder Smart Home Produkten kombinieren und tragen so maßgeblich für eine optimale Sicherheitstechnik und den Einbruchschutz bei.

Vorschau: Im nächsten Beitrag führen wir ein Interview mit dem Smart Home Experten Norman Bartusch.

Ralf Margout

Da ich von Kind auf in der Branche aufgewachsen bin, prägen Schlüssel, Schlösser und Sicherheitstechnik seit dem mein Leben. Nach meinem BWL-Studium war ich 15 Jahre erfolgreich mit einem Fachgeschäft für Sicherheitstechnik selbstständig. Dann entschied ich mich für einen Wechsel und war 7 Jahre Geschäftsführer bei interkey, dem Fachverband Europäischer Sicherheits- und Schlüsselfachgeschäfte. Inzwischen bin ich über 35 Jahre in der Sicherheitsbranche unterwegs und habe dabei in vielen Fachgremien mitgearbeitet. Aktuell bin ich beratend im redaktionellem Bereich der Sicherheitstechnik tätig.

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